Rückblick Exkursion: Ostkirchen in Ungarn SS 2022

Exkursionsbericht

Der Fachbereich Theologie und Geschichte des christlichen Ostens veranstaltete vom 27.-30. Mai 2022 unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Thomas Mark Németh eine Exkursion zu orthodoxen und katholischen Ostkirchen in Ungarn. An dieser Lehrveranstaltung nahmen 10 Studierende der katholischen und evangelischen Theologie sowie der Religionswissenschaft Teil.  

Am 27. Mai stand zunächst in Győr die serbische-orthodoxe Kirche auf dem Programm. Auf Grundlage einer ökumenisch bemerkenswerten Vereinbarung wird sie von der griechisch-katholischen Pfarre genutzt. Nach einem kurzen Stundengebet im byzantinischen Ritus stellte Pfarrer Tamás Tasi seine Gemeinde und die im 18. Jh. erbaute sowie mit einem Turm ausgestattete Kirche vor. Die ebenfalls barocke Ikonostase ist dem Zopf-Stil zuzuordnen. Die infolge von Emigration verwaiste Kirche wurde in den 1990er Jahren vor dem Verfall gerettet und restauriert.

Nach der Ankunft in Budapest stellte Pfarrer Dr. Sándor Jaczkó die griechisch-katholische Pfarrkirche von Pest vor. Die am Ende des 19. Jh. noch für die römisch-katholischen Gläubigen errichtete Kirche wurde - unter anderem mit Gemälden von Ignáz Roskovics – dem byzantinischen Ritus angepasst.  

Am nächsten Tag stand die in der Nähe von Budapest gelegene Kleinstadt Szentendre auf dem Programm, die mehrere Jahrhunderte lang ein kulturelles und kirchliches Zentrum der Serben war. Von den ursprünglich sieben orthodoxen Kirchen der Stadt existieren heute noch vier. Koszta Vukovits, der Direktor des Serbischen Kirchlichen Museums bot in seiner Führung durch das kürzlich wiedereröffnete Haus sowie die Kathedrale und Mariä Verkündigungskirche interessante kulturgeschichtliche Einblicke. Gerade in der Kunst wurde deutlich, wie sehr die Ostkirchen in der Habsburgermonarchie neben ihrer byzantinischen Tradition auch durch Leitkulturen des 18. und 19. Jh. bestimmt wurden. Am selben Tag nahm die Gruppe an der Vesper der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Pest sowie an einer Begegnung mit Weihbischof Paisios (Larentzakis) und Priester Csaba Ötvös teil.

Am 29. Mai wurde die Exkursionsgruppe von der Pester griechisch-katholischen Gemeinde nach der Eucharistiefeier zu einem Mittagessen eingeladen. Es folgte die Besichtigung der serbisch-orthodoxen Kirche zu Mariä-Entschlafung in Ráckeve. Dabei handelt es sich um eine aus dem 13. Jh. stammende gotische Kirche, die an die Serben übergeben und im 18. Jh. im gesamten, mit einem gotischen Gewölbe ausgestatteten Innenraum, mit bemerkenswerten Wandmalereien postbyzantinischer Art ausgestattet wurde. Neben unzähligen biblischen Gestalten und Szenen sowie Heiligen wird auch eine Darstellung des jüngsten Gerichts geboten. In Budapest fand ein abendliches Treffen mit Prof. István Baán im Panagia-Zentrum statt, der uns Einblick in die ostkirchliche Spiritualität gewährte.

Am letzten Exkursionstag wurde der Gruppe durch den Vorsteher der serbisch-orthodoxen Kirchengemeinde von Székesfehérvár, László Sándorovits, die dortige, aus dem 18. Jh. Stammende, Johanneskirche vorgestellt. Das barocke Äußere verbirgt neben einer Rokokoikonostase ein Kuppelgewölbe samt einem vollständigen Zyklus postbyzantinischer Wandmalereien. Damit konnten die beiden malerisch am reichhaltigsten ausgestatteten orthodoxen Kirchen Ungarns besichtigt werden. Im Rahmen der Führung wurden auch Einblicke in die Herausforderungen der kirchlichen Diasporasituation geboten.

Die in mehreren Sitzungen vorbereitete und durch Referate der Studierenden begleitete Exkursion bot zahlreiche Einblicke in Geschichte und Gegenwart, Kulturträgerschaft, Kunst und Liturgie östlicher Kirchen und Anregungen für eine Vertiefung der ökumenischen Beziehungen. Erwähnt sei auch, dass sich der Band zur Konferenz über die Ostkirchen in Ungarn (Wien 2021) in Vorbereitung befindet und binnen eines Jahres erscheinen soll. 

Thomas Németh